Durch die Zeit

Teil 1: 1933 bis 1945 - Ein Beitrag zur Geschichte der St. Hubertus Bruderschaft

Seit Anfang des Jahrhunderts bemüht sich der Papst, mit den Regierungen Verträge (Konkordate) abzuschließen, um die Stellung der katholischen Kirche und ihrer Ein­richtungen abzusichern. Die Verhandlungen mit dem Deutschen Reich verlaufen sehr zähflüssig. Als Hitler am 30.03.1933 Reichskanzler wird, beschleunigt er, um in­nen- und außenpolitisch als akzeptabler Politiker zu wir­ken, die Verhandlungen sehr. Zusagen an die Kirche, zu denen die demokratisch gewählten Regierungen nur schwer bereit sind, billigt er zu.

 

Am 20.07.1933 wird das Konkordat geschlossen. Artikel 31 gewährt auch der St. Hubertus Bruderschaft Schutz: "Diejenigen katholischen Organisationen und Verbände, die ausschließlich religiö­sen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, wer­den in ihren Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit ge­schützt". Zwischen der Reichsregierung und den deut­schen Bischöfen wird hierzu vereinbart: Diese Vereine "...sollen ihr Eigenleben völlig in sich führen können. Der Staat hat ihnen gegenüber keine weiteren Einmischungs­befugnisse, als sie sich aus der allgemeinen Treuepflicht der Staatsbürger gegenüber dem Staat an sich ergeben".

Die Jahre nach 1933 zeigen, dass der nationalsozialisti­sche Staat diesen Vertrag nicht gehalten hat. Er legt den Vertrag aus, wie er will. Und da die Justiz im nationalso­zialistischen Weltanschauungsstaat gleichgeschaltet ist, gibt es auch keine Möglichkeit, auf dem Rechtsweg sein Recht zu suchen. In der Praxis schützt das Konkordat nicht.

Für viele sind die Jahre der Bruderschaft während der Nazizeit auf die einfache Formel zu bringen: 1935 gibt es den letzten König, zur Prunk steht bei der Parade der gesamte Vorstand mit erhobenem rechten Arm da. dann schweigt die Bruderschaft. Gott sei Dank wird von der Ehefrau des letzten Königs Karl Bach das Königssilber bis nach dem Krieg aufgehoben und so gerettet, und 1949 geht es dann mit der Bruderschaft wieder los, als ob nichts gewesen ist.

Eine solche Festlegung ist falsch, zu einem differenzierten Bild möchte dieser Bericht beitragen.

Wer im Jahre 1999 sich mit diesem Abschnitt der Ge­schichte der St. Hubertus Bruderschaft auseinandersetzen will, steht vor großen Schwierigkeiten, verlässliche Quel­len zu finden. Natürlich: Es gibt das sehr sorgfältig ge­führte "Protokoll-Buch I", in dem der am 08.01.1933 erstmals gewählte Schriftführer Hermann Kaumanns die Aktivitäten der Bruderschaft besonders anlässlich der Generalversammlungen und Mitgliederversammlungen notiert. Diese schließen mit dem "Ende des Geschäftsjah­res 1938" und der Ankündigung: "Die Abhaltung der Generalversammlung wurde auf Sonntag, den 8. Januar 1939 morgens festgesetzt". Hermann Kaumanns nimmt mit dem Geschäftsbericht 1947 seine Tätigkeit wieder auf und beendet sie am 30.05.1949. Alle Berichte sind vom 1928 bis 1954 amtierenden Brudermeister Wilhelm Be­sançon gegengezeichnet.

Quellen im Pfarrarchiv fehlen völlig, die Chronik der Wickrathhahner Schule ist teilweise nachgewiesenerma­ßen von einem übereifrig agierenden, parteiabhängigen Lehrer verfälscht und wenig aussagekräftig für das Bild der Bruderschaft.

Zeitzeugen nach 1945 zu befragen und ihre Aussagen kritisch zu überprüfen, hat niemand unternommen. Wie sollte es auch, wo der Kreis der 1930, 1940 und 1950 im Ort Einflussreichen im Wesentlichen identisch ist. Die Aussagen der wenigen heute noch lebenden Zeitzeugen ergeben kein gesichertes Bild, wobei der zeitliche Abstand wie auch der anderenorts festzustellende Verdrängungs­mechanismus eindeutige und wahre Aussagen kaum zu­lassen.

So stützen sich die folgenden Bemerkungen wesentlich auf das Protokollbuch der Bruderschaft.

Die Bruderschaft ist keine neun Jahre alt, als im Januar 1933 die ins Amt gekommene nationalsozialistische Reichsregierung mit politischen Veränderungen beginnt, die auch das 615 Einwohner zählende Wickrathhahn (Quelle: Realschematismus der Diözese Aachen 1933, S. 196) bald grundsätzlich verändert. Hinzu kommt, dass die damals herrschende hohe Arbeitslosigkeit die wirtschaft­liche Stabilität des Vereins gefährdet.

Wie in den Jahren zuvor, spiegelt das Protokollbuch im ganzen Jahr 1933 ohne irgendeine Änderung die großen und kleinen Nöte der Bruderschaft wider. Am 14.05.1933 wird bei der Versammlung "besonders Rektor Herr Ruf­fini als Präses" begrüßt, "wie alljährlich so stellt auch in diesem Jahre die Bruderschaft zur Fronleichnams­-Prozession die Musik, und zwar wurde dieselbe wiederum Herrn Peter Sieben 6 Mann zu 24,- M übergeben. Bei nicht ziehen wurde ihm die Hälfte zugesagt". Sonst wird ausführlich debattiert über das Zeltlegen zur Prunk, bis zur Festlegung, wieviel Glas Bier der Zeltwirt täglich dem Prünker kostenfrei ausschenken muss. Als Ende 1933 Präses Ruffini Wickrathhahn verlässt, um Pfarrer in Key­enberg zu werden, schenkt ihm die Bruderschaft auf der Abschiedsfeier im Saal von Allwicher ein Hubertusge­mälde und "beteiligte sich [...] zahlreich an der Einführung des neuen Pfarrers in Keyenberg".

Am 07.01.1934 tauchen bei der Generalversammlung erstmals neue Töne auf. "Der Brudermeister begrüßt alle Erschienenen mit deutschem Gruß Heil Hitler. Gedachte daran anschließend des verstorbenen Mitgliedes Karl Boß. Dann schildert der Brudermeister die große Umwälzung im deutschen Staate und bringt zum Schluß mit der gan­zen Versammlung ein dreifaches Sieg Heil auf die Reichsoberhäupter aus". In der Folgezeit ist es üblich, dass der Brudermeister "mit deutschem Gruß Heil Hitler" die zu den Generalversammlungen bzw. Versammlungen Erschienenen begrüßt, so vermerkt am 22.04.1934, 17.06.1934, 06.01.1935, 02.06.1935, 12.01.1936, 24.01.1937, 23.01.1938.

Auffallend ist, dass bei zwei wichtigen Versammlungen das Protokollbuch diese Grußart nicht notiert. Einmal trifft das auf die Versammlung am 08.07.1934 zu. Dort heißt es: "Begrüßung aller Besucher durch den Bruder­meister, besonders aber den neu eingeführten Herrn Pfar­rer, indem er ganz besonders hervorhebt, dass er trotz seiner Pension hier sein Amt als Seelsorger übernommen hat, wünscht ihm aber, dass ihm in unserer Gemeinde noch ein recht langer Lebensabend beschieden sein möge. Hierauf fand der neue Pfarrer Worte des Dankes und versprach engste Zusammenarbeit mit der Bruderschaft und forderte alle Besucher auf, mit ihm ein Dreifaches Hoch auf das Fortleben und Gedeihen der Bruderschaft auszubringen." Interessant ist dies schon; denn der Pfarrer Joseph Jülich (* 1861) ist eine Woche vorher als Seelsor­ger in Wickrathhahn eingeführt worden, hat aber auf die übliche "weltliche Amtseinführung" verzichtet, weil die Wickrathhahner NSDAP in Parteiuniformen zum Fest kommen will, so die Bemerkung des Lehrers in der Wick­rathhahner Schulchronik.

Ein zweites Mal wird diese Begrüßung nicht notiert bei der Versammlung am 12.07.1936. Zeitlich vorausgegan­gen ist in diesem Jahr der Verzicht auf Vogelschuss und Prunkfeier.

Auch ist es üblich, ein dreifaches "Sieg Heil"" auszubrin­gen, mal auf ,.Führer und Vaterland" (06.01.1935), mal auf "Führer-Vaterland und Bruderschaft" (l2.01.1936), mal auf "Führer, Kirche und Vaterland" (24.01.1937).

Aus dem Rahmen fallt eine Bemerkung aus der General­versammlung 21.01.1936: "Zum Schluß der Versamm­lung bat der Vereinsführer nochmals um engstes Zusam­menarbeiten und stellte die Regierungsvertretung als Vorbild vor, da sie ja vom deutschen Volke gewählt, und diese wollen wir auch axemtieren" (wohl: akzeptieren).

Gelegentlich wird auch die herrschende Sprachregelung übernommen, wenn vom Vereinsführer oder II. Führer (wohl 2. Brudermeister) gesprochen wird. Inwieweit diese Anpassung an den Zeitgeist unbedachte Äußerlichkeit oder innere Übernahme ist, ist schwierig festzulegen. Nach den auch im Folgenden ausgewerteten Dokumenten liegt der Schluss nahe, dass sich, zumindest der Vorstand, so eng an die Wickrathhahner Pfarre anschließt wie sel­ten sonst.

Als die Feier des 10jährigen Bestehens der Bruderschaft 1934 ansteht, sind die Verhandlungen mit dem Wirt be­sonders zäh; das erste Jubiläum droht zu scheitern. Als im April 1934 die Feier des Jubiläums schon abgesetzt ist, kommt es noch zur Einigung. Mit 34:9 Stimmen wird das Fest beschlossen, und für Christi Himmelfahrt der Vogel­schuss angesetzt. König wird Eduard Allwicher. Für die Musik zur Prunk "sollen Offerten ergehen an die S.A. Hoffmanns und Kapelle Loevenich". „Die Musik für die Fronleichnamsprozession soll in diesem Jahre in Wegfall kommen, bis wieder geordnete Verhältnisse geschaffen sind". Dies ist wohl keine politische Distanzierung von der Kirche - Fronleichnamsfeiern sind in diesen Jahren ein stimmgewaltiger Protest gegen die Staatsideologie ­- sondern eher ein Hinweis, dass die Pfarrstelle nach dem Weggang von Pastor Ruffini noch nicht wieder besetzt ist. Schließlich vermerkt das Protokollbuch 1937: "Wie all­jährlich, so stellte auch in diesem Jahre die Bruderschaft zur Verschönerung der Fronleichnamsprozession die Musik".

Am 22.04.1934 "wurde der Anschluß an die (kirchliche) Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus einstimmig ange­nommen" und am 17.06.1934 "den Mitgliedern die Auf­nahme in die Erzbruderschaft bekannt gegeben". Die Ent­richtung der "Schützensteuer der Erzbruderschaft" lehnt man im Juni 1935 ab, da "wir keinen aktiven Schießsport betreiben, sondern nur mit circa 50 Mitgliedern auf den Königsvogel schießen". Ein Beitritt zum staatsabhängigen Deutschen Schützenbund wird ebenso abgelehnt wie 1936 eine Mitgliedschaft im Reichsbund für Leibesübung. Das bedeutet, dass in der Bruderschaft nicht mehr geschossen werden darf, also auch kein Vogelschuss (?) mehr.

Harte Verhandlungen mit dem Vereinswirt über Zeltlegen zur Prunkfeier gehört in allen Jahren zur Vorbereitung der Prunk. Erstmals gibt es 1936 keine Einigung. Da außerdem "mit dem Tage, wo die Prunk stattfinden soll, im Nachbarort Wickrath ein großes Sängerfest sich voll­zieht", "sah man von der Abhaltung des Festes im Jahr 1936, ab" (16:38 Stimmen). Der bruderschaftseigene Tanzboden, "da er vollständig nutzlos sich erwies und in seiner Beschaffenheit immer schlechter wurde", wird in 9 Stücken zu 3x3 Metern unter den 25 Bewerbern zu 5 Mark ausgelost.

Gleichzeitig wird für den 08.11.1936 ein Hubertusfest beschlossen, an dem der neue Seelsorger Studiendirektor Hubert Esser Namenstag hat und "in die Bruderschaft neu eingeführt wird". Zur Mitwirkung wird der Kirchenchor, der MGV Eintracht. die Theater-Abteilung sowie „der bei uns nicht unbekannte Heimathumorist Ernst Feser" einge­laden. Man verspricht dem neuen Präses "engste Zusam­menarbeit und wünscht ihm in unserem Ort bestes Wohl­ergehen". Als Geschenk erhält er eine Stola. Zum Schluss fand StD. Esser „in einer schönen Rede...Worte des Dan­kes an die Bruderschaft und die gesamte Gemeinde".

Die nächste Vorstandssitzung findet in der Wohnung des Seelsorgers statt. „Bezüglich Abhaltung der Prunkfeier brachte man in Vorschlag, das Fest an den Männer­-Gesang-Verein abzutreten, also beide Vereine zusam­men". Auf der Generalversammlung am 24.01.1937 wird dies besprochen, „da nach wie vor kirchlichen Vereinen öffentliche Veranstaltungen untersagt sind". StD. Esser lobt „die große Einigkeit des Ortes [...] und betonte die gro­ße Opfermütigkeit der Gesinnung, den Geist, den Sie der Kirche, dem Verein und dem Seelsorger entgegenbrin­gen". Schließlich "meldet sich der Vorsitzende des Hei­matpflege Vereins, Herr Kirchhoven. Er protestiert enä­risch (energisch?) gegen die Abhaltung des Heimatfestes innerhalb der Bruderschaft und des Gesang Vereins 'Ein­tracht'. Er berief sich darauf, daß im Jahr zuvor, als die Bruderschaft kein Fest hielt, er mit dem Verein für Hei­matpflege das Fest als Heimatfest abhielt und so hätte man doch in diesem Jahr wenigstens den Verein für Hei­matpflege hinzuziehen sollen". Man einigt sich. das zwi­schen den Vereinsvorständen zu regeln. Das Fest wird auch ein finanzieller Erfolg. im Gegensatz zur Spätkirmes des gleichen Jahres.

Auch 1938 ist die Bruderschaft noch aktiv. Sie unterstützt im Sterbefall die Familien. auch die Kirche (Anschaffung eines „Altarthrons". Meßbuch. Namenstagsgeschenk für StD. Esser) und mit einer Weihnachtsgabe die Rekruten und Arbeitsmänner. und lapidar heißt es: „Die Mitarbeit seitens der Bruderschaft am Heimatfest wurde nicht er­wünscht".

Die für den 08.01.1939 anberaumte Generalversammlung hat wohl nicht mehr stattgefunden. Neun Monate später beginnt der Krieg, in dem sie alle zu Opfern werden: die Weitsichtigen und die Hurra-Schreier, die wenigen Wi­derständler und die vielen Mitläufer.

Teil 2: 1975 bis 2000

Über die letzten 25 Jahre der St. Hubertus Bruderschaft einen Bericht zu verfassen, der ungeteilte Zustimmung findet, erwartet auch der Ver­fasser dieses Textes nicht. Aber alles nur der subjektiven Erinnerung zu überlassen, die bald verblasst, verfärbt, idealisiert, ist auch nicht zulässig. Deshalb an dieser Stelle ein paar Anmerkungen:

1.      Die Entwicklung Wickrathhahns

Das Ereignis, das in dieser Zeit Wickrathhahn prägt und damit die Bruderschaft verändert, ist die Entwicklung des Ortes. Seit der Kommunalreform 1975 gehört Wickrathhahn als Teil des 10. Stadtbezirkes Wickrath zur Stadt Mönchengladbach. Eine rege Bautätigkeit beginnt. Leben im Jahre 1976 670 Menschen in Wickrathhahn, davon 590 Katholiken, so sind es 1999 1.150, davon 820 Katholiken. Die Zugezogenen haben in der Regel keine verwandtschaftlichen Bindungen zu den hier Aufgewach­senen. Da sie fast ausschließlich in Eigenheimen wohnen, suchen sie hier für ihr ganzes Leben eine Heimat. Da kaum jemand im Ort seinen Arbeitsplatz findet, die Frau­en heute nicht nur aus emanzipatorischen, sondern auch aus Gelderwerbsgründen außer Haus tätig sind, hat sich der Ort zu einer typischen Pendlergemeinde entwickelt, in der man seine Freizeit verbringt, dies aber nicht unbe­dingt in den traditionellen Vereinsstrukturen.

Angesichts dieser Tatsachen ist es auch der Bruderschaft gelungen, sich den Neubürgern akzeptabel zu präsentie­ren. Die Vielfalt der einzelnen Gruppen der Bruderschaft, auch in ihren inhaltlichen Vollzügen, und das persönliche Einladen zum Mitmachen haben so viele angesprochen, dass zur Prunk annähernd 200 Prünker samt den Mu­sikzügen kaum noch im Festzug unterzubringen und Gäste nur noch zum Zuschauen benötigt werden.

2.      Frauen in der Bruderschaft

Frauen sind auch in unserer Bruderschaft geworden, nicht nur nach dem Motto: Hinter jedem großen Mann steht eine weise Frau.

Die Schießabteilung hat schon früh Mädchen in ihre Mannschaften und Übungsabende integriert und sie, so­lange sie aktive Schützinnen sind, als Mitglieder akzep­tiert.

Inzwischen sind zur Prunk 5 Frauengruppen in schönen Dirndlkleidern auf buntbemalten Klompen gern gesehen.

Wichtiger jedoch ist, dass im Gruppenleben während des Jahres die Frauen der Bruderschaftler ganz zur Gruppe gehören. Dass die Witwen in den Gruppen bleiben, ist eine lobenswerte Sache.

Informellen Einfluss üben auch die jeweiligen Königinnen und Ministerfrauen aus. Noch vor 20 Jahren ist ihre Teil­nahme bei Kirchgang, Gefallenenehrung und kirchliche Hubertusfeier unerwünscht. Seit aber 1977 die Königin Änne Spenrath als Lektorin in der Festmesse auftritt, fallen diese männlichen Bastionen.

Es gibt gute Gründe, die Bruderschaft als Männerverein weiter zu erhalten. An dem gewandelten Selbstbewusst­sein der Frauen kommen die Brüder nicht vorbei. Und das ist gut so.

3.      Der Einsatz für die Jugendlichen

Für die Jugendlichen hat die 1964 gegründete Schießab­teilung Großartiges geleistet. Dass sie auf schießsportli­chem Gebiet große Erfolge zu verzeichnen hat, ist aner­kennenswert. Wertvoller noch sind die Früchte der Trai­ningsabende und der Fahrten zu den Wettbewerben. Die Persönlichkeitsbildung durch Konzentration, Disziplin, Zuverlässigkeit, Ruhe und nicht zu vergessen die erlebte Kameradschaft haben großen erzieherischen Wert. Die Schießmeister und die Betreuer haben Lob verdient.

Natürlich hat diese wertvolle Arbeit in der Breite Schaden genommen, seit durch den Umbau des Saales der Schieß­stand im Ort ausfällt und im Ort - und das ist für Kinder und Jugendliche wichtig - kein Ersatz bisher gefunden werden kann.

4.      Die soziale Seite der Bruderschaft

Die sozialen Belange sollen für eine Gemeinschaft von Brüdern selbstverständlich sein. Weil viele die Bruder­schaft nur zur Prunk sehen, ist für sie die Bruderschaft ein Kirmesverein. Wer in die Bruderschaft hineinsieht und während des Jahres bemerkt, was die Gruppen alles tun, muss diesen Eindruck revidieren. Gemeinsame Unter­nehmungen, gegenseitige Hilfe, Unterstützung, wo ein Bruder in Not ist, sind in vielen Gruppen eine Selbstver­ständlichkeit, auch wenn es selten an die große Glocke gehängt wird.

Soziale Aufgaben außerhalb der Bruderschaft zu erfüllen, geschieht selten. Hier ist nur zu nennen das Projekt MA­MA für Straßenkinder in Argentinien, für das das lang­jährige Vorstandsmitglied Klaus Knabben unermüdlich wirbt.

5.      Vorstandsämter sind Ehrenämter

Es ist in unserer Zeit erstaunlich, dass die Bruderschaft immer wieder ehrenamtliche Mitarbeiter fur ihren Vor­stand findet. Natürlich sind die Dienste der Einzelnen im Umfang und in der Intensität unterschiedlich, aber was die Brudermeister, Geschäftsführer, Kassierer, und Schießmeister leisten, verdient höchste Anerkennung und ein Lob an dieser Stelle.

6.      König sein - ein Ehrendienst für ein Jahr

Sorge dagegen macht die mangelnde Bereitschaft, der Bruderschaft als König zu dienen. Seit über einem Jahr­zehnt schon ist der Vorstand froh, wenn sich wenigstens ein Bewerber für den Vogelschuss findet. Dabei verfügt die Bruderschaft über genügend geeignete Persönlichkei­ten, die dieses wichtige Amt bekleiden können.

Längst ist die Zeit vorbei, in der an Christi Himmelfahrt der König ausgeschossen wird und sechs Wochen später der König aufzieht. Ein halbes Jahr Vorbereitung bis zur Inthronisation an Hubertus und ein weiteres halbes Jahr bis zur Prunk sind nötig, um all das vorzubereiten, was nirgendwo steht, dass der König es tun muss. aber jeder eigentlich erwartet, dass der König es tut.

Dass das auch eine Frage des Geldes ist, kann niemand bestreiten. Aber solange jeder den König in seiner Hofhal­tung an dessen Vorgänger misst und auch die Bruder­schaft über ihren Vorstand keinen ernsthaften Versuch startet, dies zu ändern, wird sich daran auch nichts ändern.

Natürlich wird niemand bestreiten, dass auch unter diesen ­Umständen ausgezeichnete Könige aufgezogen sind. Noch ist der Bruderschaft erspart geblieben, dass „derjenige, der die Musik bezahlt, auch bestimmt, was sie spielt".

Aber wie lange noch?

7.      Ein Blick in die Zukunft

So kann die St. Hubertus Bruderschaft frohen Herzens und wachen Auges ins nächste Jahrtausend, das auch das letzte Viertel ihres ersten Jahrhunderts ist. gehen.

Mögen für viele Zeitgenossen Glaube, Sitte, und Heimat leere, belächelnswerte Worthülsen geworden sein: diese Werte können dem Einzelnen Lebensrichtung sein und den Mitgliedern der Bruderschaft gemeinsame Grundlage. Bleibt die St. Hubertus Bruderschaft ihren Prinzipien treu, wird sie alle Anforderungen meistern.

Dann gilt das Bibelwort: "Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen" (Ps 133, I).

Gerhard Jansen, Präses der St. Hubertus Bruderschaft